Krampfader-Operation? Wie geht das?
Liebe Patientin, lieber Patient.
Der Sinn einer Krampfaderoperation (Varizen-Operation) besteht darin, die erkrankten Venenanteile zu entfernen. Ausmaß und Umfang der Operation richten sich dabei nach dem Ausmaß der Erkrankung, insbes. nach der Art der erkrankten Venenabschnitte. Grundsätzlich gilt:
- Die Stammvenenerkrankung muß operiert werden.
- Die Seitenast-Varkosis muß o. kann operiert werden.
- Die Perforans-Varikosis kann o. muß operiert werden.
- Die Retikuläre- oder Besenreiser-Varikosis kann grundsätzlich nicht operiert werden.
- Die Krampfadererkrankung ist angeboren, sie ist somit unheilbar. Durch eine Operation können immer nur die z.Z. erkrankten Venenabschnitte behandelt werden. Die Weiterentwicklung der Erkrankung ist davon unberührt. Das Auftreten neuer Krampfadern ist möglich und auch wahrscheinlich. Dies wird häufig mißverstanden und führt zu der Aussage "Die Krampfadern kommen immer wieder". Dies ist falsch. Erfolgreich behandelte Krampfadern können nicht "wieder" kommen, die sind im Mülleimer gelandet, aber er können neue auftreten. War hingegen die Behandlung nicht erfolgreich, so sind es immer noch die Selben Krampfadern. Wiederkommen geht nicht.
- Ziel der Krampfaderoperation ist es den fehlgerichteten Blufluß in den klappenzerstörten oberflächlichen Venen zu unterbrechen. Der wichtigste und entscheidenste Schritt ist daher die vollständige Unterbrechung der Reflux-Stellen, der Vebindungsstellen zwischen oberflächlichem und tiefem Venensystem.
Operation der Stammvarikosis der Vena saphena magna oder parva = Operation nach BABCOCK. Das Herausziehen = Strippen der langen Stammvene unter der Haut mit einer Sonde wurde erstmals von C. BABCOCK (1907) beschrieben. Das Prinzip der Operation ist seither fast unverändert geblieben. Nur Materialien, Schnittführung etc. haben sich im Laufe der Jahre gewandelt.
BABCOCK-OP, Operationschritte: Querschnitt in der Leiste; Aufsuchen der Vene; einzelne Unterbindung und Durchtrennung der Seitenäste an der Venenmündung (Venenstern); danach Unterbindung und Abtrennung sowie Übernähung der Stammvene an ihrer Einmündung in die tiefe Vene; Schnitt am Innenknöchel; Aufsuchen der Vene; Unterbindung und Durchtrennung der Vene; Einschieben der Sonde in die Vene Richtung Leiste; Herausleiten der Sonde in der Leiste und Aufsetzen des Stripperkopfes; Herausziehen der Vene in Richtung Fuß; Aufsuchen und Entfernung operationswürdiger Seitenäste über Zusatzschnitte. Von diesem Prinzip der Operation gibt es vielfältige Abwandlungen. So ist es nicht immer notwendig, die gesamte Stammvene zu entfernen. Oder man kann durch bestimmte Varianten des Strippingmanövers die Größe der Schnitte z.B. im Knöchelbereich kleiner halten. Es kann aber auch sein, daß die Vene so stark geschlängelt ist oder durch Venenentzündungen teilverschlossen ist und aus diesem Grunde es nicht möglich ist, eine Sonde ganz durchzuschieben. In solchen Situationen muß das technische Vorgehen variiert werden. Ganz besondere Methoden sind beim postthrombotischen Syndrom, schweren Hautveränderungen, Narben nach Ulcus cruris etc. erforderlich, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann.
Abb.: Operation der Stammvene, Operation n. BABCOCK
Mini-Schnitt-Technik
Ein Detail der Operationstechnik, daß sich in den letzten Jahren wesentlich geändert hat, ist die Schnittführung. Die früher allgemein üblichen Schnitte von 2cm und mehr Länge, durch die man dann mit Pinzette und Schere arbeiten konnte, sollen heute weitgehend vermieden werden und nur noch in besonderen und zwingenden Situationen angewendet werden. Es gelingt i.d.R. über Stich-Incisionen von 2-3mm Länge, mit einem speziellen Instrumentarium, die Venen zu entfernen. Diese Technik geht in ihren Anfängen bis in die 50er Jahre zurück. Sie wird aber offensichtlich ständig neu erfunden und gelegentlich in der Werbung als ganz neue "Schnittfreie Operation" angepriesen. Dies ist natürlich Unsinn. Wer unter die Haut will, muß sie aufschneiden auch wenn die Schnitte noch so klein sind. Neben den unzweifelhaften kosmetischen Vorteilen, zeichnet sich die Mini-Schnitt-Technik durch schnellere Heilung und geringere Beschwerden des Patienten nach der Operation aus. Dieses, technisch etwas anspruchsvollere Verfahren, hat sich bisher leider in Deutschland nicht flächendeckend durchgesetzt.
Narkose
Große Verwirrung herrscht teilweise über die bei einer Krampfaderoperation notwendige Narkoseform. Wichtig ist es zunächst einmal festzuhalten, daß zu einer ordentlichen Operation sowohl aus Sicht des Patienten als auch aus Sicht des Operateurs eine ordentliche Schmerzausschaltung gehört. Viele kleine Eingriffe in der Krampfaderchirurgie können gut in örtlicher Betäubung durchgeführt werden. Die Durchführung einer BABCOCK-Operation in örtlicher Betäubung ist meist unsinnig und ist, wenn dies so angeboten wird, meist eine Mogelpackung, weil die Lokalanästhesie durch Zusatzmaßnahmen, die nicht die technische Sicherheit einer Narkose bieten, ergänzt wird. Fragen Sie in einem solchen Fall, ob die Operation im Beisein eines Narkosearztes erfolgt. Dann sehen sie klarer.
Die Entfernung der Stammvenen ist besten in Vollnarkose auszuführen. Moderne Narkosetechnik und Narkoseführung ermöglichen es immer, bei diesen Eingriffen auf langwirkende Narkotika und insbes. Opiate zu verzichten. Der schnelle Abbau der Medikamente und das lückenlose Monitoring unter der Narkose, gestattet einen solch sparsamen Narkotikaeinsatz, daß nach Beendigung der Operation eine minutenschnelle Ausleitung der Narkose möglich ist und der Patient sehr schnell seine volle Einsatzfähigkeit wiedererlangt. Durchführung der Narkose durch einen Facharzt für Anästhesie ist eine selbstverständliche Voraussetzung.
Regionalanästhesie (Rückenmarksnarkose) ist bei der Krampfaderoperation aus einer Vielzahl von Gründen abzulehnen und speziellen Indikationen vorbehalten.
Komplikationen nach einer Krampfaderoperation sind selten. Nachblutung, Wundheilungsstörungen etc. kommen vor in einer Häufigkeit von weniger als 1 pro 3000 Operationen. Die einzige bedeutsame Komplikationsmöglichkeit ist, wie bei Operationen, Geburten und sonstigen internistischen Erkrankungen auch, die tiefe Beinvenenthrombose. Auch diese ist nach Krampfaderoperationen sehr selten. Die Häufigkeit liegt unter 0,06 %, das sind weniger als 2 pro 3000 Operationen.
Postoperative Nachsorge
Der Blutfluß im tiefen Venensystem ist wesentlich abhängig von der muskulären Aktivität; s.a Sprungelenkpumpe und Wadenmuskelpumpe. Dies bedeutet, daß der Patient sich nach der Krampfaderoperation so schnell wie möglich wieder so normal wie möglich verhalten und bewegen soll. Bettruhe ist nicht erforderlich und auch nicht erwünscht. Das operierte Bein ist mit einem Kompressionsverband versehen. Berufstätige sind für ca. 14 Tage arbeitsunfähig. Im häuslichen Bereich und Hobbybereich bestehen keine Einschränkungen. Ein oder zwei Tage nach der Operation erfolgt eine Wundnachschau. Ab dem 2. postoperativen Tag kann bei reizlosen Wundverhältnissen wieder geduscht werden. Der Kompressionsverband wird ebenfalls am 2. Tag gegen einen Gummistrumpf ausgetauscht, der ca. 4 Wochen nach der Operation getragen werden muß.
Ca. 3 Monate nach der Operation sollte ein gründliche Nachuntersuchung mit Überprüfung der Refluxsymptomatik erfolgen, um den Grad des Erfolgs der Operation bestimmen zu können.
Aktuelle Leitlinie:
Diagnostik und Therapie des Krampfaderleidens
www.leitlinien-online.de