Wundmanagement
Unter Wundmanagement versteht man die systematische und standardisierte Diagnostik und spezielle Therapie chronischer Wunden. Von einer chronischen Wunde spricht man dann, wenn eine Wunde, unabhängig von deren Ursache, innerhalb einer angemessenen Frist keine oder nur eine unzulängliche Heilungstendenz zeigt. Vor etwas mehr als 10 Jahren tauchte aus den USA kommend, ein neuer Begriff auf, "woundmanagement" welches in speziellen, kommerziellen "wound care centres" betrieben wurde. Diese neue Entwicklung aus der der deutsche Begriff Wundmanagement abgeleitet wurde, erweckt gelegentlich den Eindruck als sei nun endlich eine neue Zeitrechnung in der Behandlung chronischer Wunden angebrochen. Chronische Wunden sind aber beileibe kein neues Problem, sondern wahrscheinlich ebenso alt wie die Menschheitsgeschichte, wie zahlreiche Funde und Zeugnisse auch aus prähistorischer Zeit belegen. Chronische Wunden sind darüber hinaus häufig, wie häufig, ist nicht genau bekannt. Lediglich von einer speziellen Form der chronischen Wunden, dem Ulcus cruris venosum ist bekannt, dass es in Europa relativ konstant in einer Häufigkeit von ca. 1% in der Gesamtbevölkerung vorkommt. In Deutschland also allein diese chronische Wunde etwa 800.000 mal. Zählt man die anderen Wunden aus anderen Ursachen überschlagsmäßig hinzu, landet man bei mindestens 1,5 bis 2,0 Mill. chronischer Wunden pro Jahr in Deutschland. Das dies ein sowohl sozialmedizinisch wie finanzpolitisch gravierendes Problem darstellt ist leicht einsehbar.
Schon immer haben sich besonders geschulte und erfahrene Ärzte in Deutschland mit "Wundmanagement" befasst, insbesondere Gefäßchirurgen, Phlebologen und Angiologen, was nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass der größte Teil der chronischen Wunden einen Bezug zu einer gestörten Durchblutung aufweist. Es musste aber erst eine amerikanische Geschäftsidee geboren werden, um diesen Teil der medizinischen Versorgung mit einem speziellen Begriff "Wundmanagement" zu versehen. Dieser Umstand hat aber durchaus, neben anderen Einflüssen, auch einen positiven Effekt bewirkt insofern, als nun in diesem Randgebiet der Medizin plötzlich auch Forschungsgelder bereitstanden und die einschlägige Industrie ein neues Geschäftsfeld entdeckte und neue Versorgungsartikel für die Therapie der chronischen Wunden entwickelte und vertreibt.
Seitdem Wundmanagement zur Modevokabel geworden ist, schießen Wundmanagement-Zentren, Wundmanagement-Sprechstunden und entsprechende Wundmanager wie Pilze aus der Erde. Aber Vorsicht. Diese Begriffe sind ungeschützt. Jeder der in der Lage ist einen einigermaßen ordentlichen Verband anzulegen, kann sich, wenn er will, Wundmanager nennen. Es gehört aber, wie bereits angedeutet zum Wundmanagement nicht nur die Wundpflege und der Verband sondern die Abklärung und ggf. Therapie der Grunderkrankungen, die für die mangelnde Wundheilung verantwortlich sind. Hier ist der Gefäßspezialist der erste Ansprechpartner. In der GPG-MG wird seit jeher Wundmanagement auf höchstem Niveau betrieben und die Gründer der GPG-MG, Dr. Kamphausen und Dr. Nüllen haben bereits Wundmanagement betrieben, als es diesen Begriff in Deutschland noch gar nicht gab. Reden wir also über Wundmanagement.
Ursachen von Wunden
Wunden sind definiert als eine Kontinuitätsunterbrechung des Integuments, worunter man die unbeeinträchtigte äußere Abschlußschicht des Körpers zur Umwelt versteht. Unterbrechungen des Integuments können nun entstehen durch Einwirkung verletzender Kräfte von außen oder Störungen der Unversehrtheit des Integumentes durch Erkrankungen von innen. Somit ergibt sich die nachfolgende Einteilung:
- Traumatische Wunden (Trauma = Verletzung)
- Mechanische Traumatisierung
- Thermische Traumatisierung
- Chemische Traumatisierung
- Traumatisierung durch ionisierende Strahlen, etc
- Essentielle Wunden (als Folge einer Grunderkrankung)
- Venöse Hypertonie
- Arterielle Verschlußkrankheit
- Diabetes mellitus
- Sonstige Stoffwechselerkrankungen
- Infektionen, etc.
- Iatrogene Wunden (bei ärztlichen Maßnahmen entstanden)
- OP-Wunden
- Punktionen etc.
Wundheilung
Die Vorgänge bei der Wundheilung sind seit langem bekannt und wurden bereits im 19. Jahrhundert umfassend erforscht. Zunächst unterscheidet man eine primäre Wundheilung von einer sekundären Wundheilung.
Von einer primären Wundheilung spricht man dann, wenn eine Wunde mit gut aneinandergelegten (adaptierten) Wundrändern ohne wesentliche Entzündungsreaktion und ohne Notwendigkeit einer nennenswerten Menge an Gewebeneubildung verklebt und vernarbt. Die Heilung per primam intentionem (p.p.) gibt es praktisch nur bei OP-Wunden und bei glatten Verletzungen, die frisch versorgt werden.
Von einer sekundären Wundheilung (per secundam intentionem - p.s.) spricht man wenn für die Wundheilung die Auffüllung eines nennenswerten Gewebedefektes durch neu zu bildendes Granulationsgewebe notwendig ist, bevor der Überzug mit neuer Hautoberschicht (Epithel) möglich ist, oder eine mehr oder weniger ausgeprägte Entzündung die Heilung beeinträchtigt und verzögert.
Man unterscheidet grundsätzlich 3 Phasen der Wundheilung.
- Reinigungsphase
Die erste Gefäß- und Zellreaktion liegen in der Blutung und Blutgerinnung. Danach kommt es durch Erweiterung von Blutgefäßen zu einer vermehrten Absonderung von Gewebeflüssigkeit (Exsudation) in deren Folge auch weiße Blutkörperchen in die Wunde gelangen, die zur Phagozytose fähig sind (Fresszellen) und so Zelltrümmer und Keime entfernen. Dauer ca. 3 Tage. - Granulationsphase
Aus der Umgebung und von eingewanderten Zellen ausgehend bildet sich ein Granulationsgewebe mit frischen Bindegewebszellen, die auch neue Grundsubstanz und Bindegewebsfasern (Kollagen) bilden (4-6. Tag). - Diffenrenzierungsphase
Ab dem 7. tag beginnt die Reifung der kollagenen Fasern, der Flüssigkeitsgehalt im Wundbereich nimmt ab und es beginnt die Vernarbung, gleichzeitig beginnt die Überhäutung durch neue Oberhaut (Epithel).
Die Zeiträume sind natürlich von den Umgebungsbedingungen abhängig. Die angegeben Zeiträume beziehen sich auf eine Heilung p.p.
Gestörte Wundheilung - Warum heilt die Wunde nicht?
Diese geschilderten Phasen einer normalen Wundheilung setzen voraus, dass Durchblutung und Stoffwechsel des Gewebes im Bereich der heilenden Wunde "gesund" sind und keine schädigenden äußeren Einflüsse diese normalen Abläufe behindern. Liegen solche Störungen jedoch vor, so heilt die Wunde nicht oder verzögert, oder sie wird im schlechtesten Fall sogar größer. Da jede Wunde auch die Eindringpforte für Infektionserreger darstellt, können chronische Wunden über den Weg der Allgemeininfektion und Sepsis auch zur lebensbedrohlichen Erkrankung werden.
Praktisches Wundmanagement
Trotz der Kürze und Unvollständigkeit der Darstellung dürfte klar geworden sein, dass zu einer sachgemäßen Wundbehandlung oder nennen wir es Wundmanagement immer eine gründliche Diagnostik und eine eindeutige Diagnose gehören. Dies gilt natürlich insbesondere für die gestörte Wundheilung und für die chronische Wunde. Hierzu ist Sachverstand erforderlich.
- Die Abklärung der Gefäßsituation und der Stoffwechselsituation ist neben der Klärung der Infektionslage vorrangig durchzuführen, bevor man sich Gedanken macht über irgendwelche Versorgungsmaßnahmen.
- Die diagnostischen Maßnahmen sind begleitet von einer standardisierten Dokumentation einschließlich der Fotodokumentation der Wunde und deren Vermessung.
- Nach Erstellung einer eindeutigen Diagnose ist ein Therapieplan zu erstellen. Hierzu gehört, dass alle Möglichkeiten der Beeinflussung der Ursachen und Störungen genutzt werden müssen.
- Die Therapiephase ist begleitet von ständigen Kontrollen und Dokumentation des Verlaufs. Alle Beteiligten, Therapeut und Patient müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Behandlung aufwendig und zeitraubend ist. Schnelle Erfolge sind eher selten. Geduld ist gefordert.
Auf Einzelprobleme und Einzeldiagnosen soll hier nicht näher eingegangen werden, die soll Inhalt spezieller INFOs sein.
Sie haben eine chronische Wunde?
Wir verstehen was von Wundmanagement