Gehtraining bei AVK
Liebe Patientin, lieber Patient.
Die Perfektion bestimmter Fertigkeiten und Leistungen ist gebunden an Übung und Training. "Übung macht den Meister." Diese Lebenserfahrung ist Ihnen allen geläufig und wohlbekannt. Weniger bekannt ist häufig, dass sich auch durch Krankheit bedingte Leistungsminderungen durch Übung und Training verbessern lassen. Die bei Ihnen vorliegende Durchblutungsstörung der Beine führt bei Belastung zu einem Sauerstoff-Mangelschmerz der Muskulatur, der Sie dazu zwingt, stehen zu bleiben. Dies nennt man "Claudicatio intermittens" oder auch "Schaufensterkrankheit". Diese Leistungseinschränkung lässt sich unter gewissen Voraussetzungen und in einem gewissen, oft erheblichen Ausmaß durch Training verbessern. Gefäßtraining bzw. Gefäßsport sollte also neben den anderen Säulen der Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) zu Ihrem täglichen Programm gehören. Am besten ist Gefäßsport in der Gruppe und unter Anleitung durch einen speziell ausgebildeten Gefäßsport-Trainer zu absolvieren. Wenn Sie dies, aus welchen Gründen auch immer, nicht können oder wollen, sollten Sie eigenständig ein gewisses Mindestprogramm täglich absolvieren. Diese kurze Broschüre informiert Sie über die Grundzüge des Gehtrainings. Zum Gefäßsport gehört auch Gymnastik zur Verbesserung von Beweglichkeit und Koordination. Wichtig beim Training ist Regelmäßigkeit, Gewissenhaftigkeit und vor allem die Vermeidung von Überlastung durch falschen Ehrgeiz. Führen Sie Buch über Ihre Übungen und dokumentieren Sie die erreichten Leistungen, um abschätzen zu können, ob Sie Fortschritte machen.
Trainingsziel ist die Verbesserung der schmerzfreien Gehstrecke.
In der warmen Jahreszeit machen Sie Ihre Übungen am besten im Freien. Suchen Sie sich eine Strecke in Ihrer Umgebung, wo Sie ungestört gehen können, wo ein ebener und am besten weicher Boden vorhanden ist (z.B. Rasenfläche). Achten Sie darauf, beim Gehtraining gutes, d.h. geräumiges und geschmeidiges Schuhwerk mit flachem Absatz und weicher Gummisohle zu tragen. In der kalten Jahreszeit sollten Sie in beheizten Räumen trainieren. Hier sind am besten Flure geeignet. In der Wohnung sollten Sie die Zimmertüren öffnen, Stühle etc. zur Seite rücken und einen festen, immer in der gleichen Richtung zu durchlaufenden, "Parcours abstecken". Die Übungen sollten in Ruhe und mit Muße absolviert werden. Nehmen Sie sich Zeit, vermeiden Sie Hektik. Entwickeln Sie eine Übungs-Routine, die Sie immer gleich ablaufen lassen. Wichtig für alle Übungen ist, dass Sie schmerzfrei ablaufen sollen. Schmerzen signalisieren, dass der Muskel unter Sauerstoffmangel leidet, und das ist schlecht für den Muskel. Sie müssen also von Zeit zu Zeit überprüfen, nach welcher Strecke der Schmerz auftritt, um konsequent unterhalb dieser Grenze bleiben zu können. Das ideale Trainingstempo ist 90-100 Schritte pro Minute. Dies ist jedoch kein Muss. Entwickeln Sie Ihr eigenes, Ihnen angenehmes Gehtempo. Dieses sollten Sie regelmäßig bei den Übungen einhalten. Wenn Sie Probleme haben, sprechen Sie uns an. Viel Erfolg beim Training !
Ihr Gefäßpraxis-Team
Es gibt verschiedene Wege das Ziel zu erreichen:
1: Für den raschen Therapieerfolg
Ihr Gehtraining: mindestens 3 Mal pro Woche 30 Minuten
- bis 1 Stunde trainieren
- rasch gehen bis Schmerzen einsetzen - das ist Ihre freie Gehstrecke
- Ruhepause: 1 Minute
- 90 Prozent der Strecke wieder gehen
- dieses Gehtraining wiederholen Sie eine halbe, später eine Stunde lang Gymnastik, Zehenstandsübungen, Kniebeu- gen, Aqua Jogging und Nordic Walking sind gute Ergänzungen.
2. Gymnastik-Programm
1. Zehenstandübungen
- Stehen Sie ruhig und verteilen Sie das Gewicht auf beide Füße. Halten Sie sich irgendwo fest, z.B. am Türpfosten.
- Gehen Sie langsam wie in Zeitlupe in den Zehenstand und gleich wieder zurück in die Ausgangsstellung.
- Machen Sie eine kurze Pause.
- Wiederholen Sie die Übung 3-5 mal.
2. Wadenmuskeldehnung
- Machen Sie einen mittleren Schritt nach vorne und bleiben Sie so stehen.
- Stützen Sie sich irgendwo ab.
- Pendeln Sie jetzt etwas nach vorne und lassen dabei die Ferse des hinten stehenden Beines auf dem Boden.
- Wiederholen Sie die Übung 10-15 mal pro Bein.
3. Beinpendel
- Halten Sie sich irgendwo fest.
- Stellen Sie sich auf das linke Bein und lassen Sie das rechte Bein nach vorne und hinten durchpendeln.
- Beine mehrfach wechseln.
- Dauer der Übung 2-3 Minuten.
4. Gewichtsverlagerung
- Gehen Sie in Schrittstellung.
- Halten Sie sich irgendwo fest.
- Beugen Sie das vordere Knie soweit vor, bis das Knie sich über dem Fuß befindet und lassen Sie das hintere Bein gestreckt. Nun mehrfach vor und zurück.
- Beine und Stellung mehrfach wechseln.
- Dauer 2-3 Minuten.
5. Aktive Erholung
- Halten Sie sich irgendwo fest.
- Schütteln Sie das rechte Bein regelrecht aus.
- Wechseln Sie mehrfach die Beine.
- Dauer der Übung etwa 2-3 Minuten.
Trainingsprogramm
Jedes Gehprogramm besteht aus einem vorbereitenden Teil, dem eigentlichen Gehtraining und einem Abschlussteil.
A. Vorbereitung: Rollübung mit dem Holzstab.
Sinn der Übung ist es, die Durchblutung im Bein und in den Füßen "anzuheizen". Sie benötigen einen Holzstab von 2-3cm Durchmesser und 30-40cm Länge (z.B. abgesägter Besenstiel, achten Sie auf Holzsplitter).
Ausführung:
- Schuhe und Strümpfe ausziehen.
- Bequem auf einen Stuhl setzen.
- Holzstab unter einen Fuß legen.
- Holzstab leicht mit dem Fuß von der Ferse bis zur Fußspitze rollen.
- Mehrfach hin und her rollen, den Fußdruck auf den Holzstab dabei zunehmend erhöhen.
- Dauer der Übung 3-4 Minuten.
- Gleiche Übung mit dem anderen Fuß.
- Strümpfe und Schuhe wieder anziehen.
B. Gehtraining:
1. Woche: Gewöhnungsphase
Lernziel: Sie sollen lernen, die schmerzfreie Gehstrecke abzuschätzen. Gehen Sie in zügigem Tempo bis die ersten Schmerzen auftreten. Bleiben Sie sofort stehen. Merken Sie sich die Entfernung oder Stelle an der die Schmerzen auftraten und versuchen Sie, in der Folge unterhalb der Schmerzgrenze zu bleiben. Gehen Sie diese Strecke immer wieder. Machen Sie zwischen den Gehstrecken 2-3 Minuten Pause. Gesamtdauer der Übung 15 Minuten. Wenn Sie Zeit haben, können Sie die Übung einmal morgens und einmal nachmittags absolvieren. Dies gilt auch für die folgenden Zeiträume.
2. Woche: Gewöhnungsphase
Lernziel: Sie sollen Ihr individuelles Gehtempo herausfinden. Das Tempo bei dem Sie sich am wohlsten fühlen und mit dem Sie auch in der Stadt oder sonstwo spazieren gehen möchten.
- Dauer 1 oder 2x 15 Minuten.
- Auf Pausen zwischen den Gehstrecken achten.
- Auf Schmerzfreiheit achten.
3. Woche: Gewöhnungsphase
Lernziel: Achten Sie auf entspanntes und rhythmisches Gehen. Füße locker auf der Ferse aufsetzen und vollständig bis zu den Zehen abrollen. Knie nicht durchdrücken. Arme aus der Schulter heraus locker pendeln. Der ganze Körper soll entspannt sein. Beachten Sie weiterhin die Pausen, Schmerzfreiheit und die Zeitdauer der Übungen, wie vorher.
4. Woche: Aufbauphase
- Dauer 1 oder 2x 20-25 Minuten.
- Weiterhin auf Pausen achten.
- Achten Sie auf Schmerzfreiheit.
5. Woche:
- Dauer 1 oder 2x 25-30 Minuten.
- Versuchen Sie, das Gehtempo zu variieren.
- Überprüfen Sie die schmerzfreie Gehstrecke.
6. Woche:
- Weiter so. Training braucht Zeit.
- Prüfen Sie immer wieder Ihre Trainingsroutine.
- Dauer 1 oder 2x 30 Minuten.
- Von nun an immer weiter in diesem Rhythmus.
C. Abschluss:
Zum Abschluss jeden Trainings sollten Sie die Wadenmuskulatur dehnen.
- Stellen Sie sich mit der Fußspitze auf eine Treppenstufe und lassen Sie die Ferse frei über der Stufe hängen. Halten Sie die Position für 10-30 Sekunden. Oder
- machen Sie einen großen Schritt nach vorne, stützen Sie den Oberkörper z.B. auf einem Tisch oder an einer Wand ab und belasten Sie das hinten stehende Bein. Diese Übung für jedes Bein im Wechsel 3x wiederholen.
- Nicht übertreiben. Sie sollten beim Dehnen nur ein leichtes Ziehen in der Wade spüren.